17.01.2024
Handwerksbetrieb übernehmen: Ein Leitfaden
Handwerksbetrieb übernehmen: Ein Leitfaden
Stehst du vor der Entscheidung, einen Handwerksbetrieb zu übernehmen? Oder möchtest du deinen Betrieb an die nächste Generation weitergeben? Dann bist du nicht allein. In den kommenden fünf Jahren stehen über 100.000 Betriebsübergaben an, denn es werden viele Handwerksbetriebe altersbedingt frei. Wer frühzeitig plant, kann deshalb von attraktiven Chancen profitieren und gut laufende Betriebe retten.
Warum einen Handwerksbetrieb übernehmen?
Einen bestehenden Handwerksbetrieb zu übernehmen ist oft einfacher, als komplett neu zu gründen. Du startest nicht bei null, sondern sparst dir die oft mühsame Aufbauphase, in der du erst bekannt werden musst.
Es sind bereits Strukturen vorhanden. Du musst das Rad nicht neu erfinden, sondern hast Arbeitsabläufe, die bei einem profitablen Betrieb bereits eingespielt sind.
Der Betrieb hat sich einen Namen gemacht. Ein für die Übernahme interessanter Betrieb ist oft schon bekannt. Dadurch bist du unabhängiger von Werbung und/oder Empfehlungen.
Du bekommst ein eingespieltes Team. Das Team in einem bestehenden Betrieb arbeitet schon länger zusammen, kennt die Aufträge und muss nicht erst mühsam nach und nach eingearbeitet werden. .
Du übernimmst Kontakte zu Lieferant/innen und zur Kundschaft. Ob es um Werkzeuge und Material oder um die Kundschaft selbst geht - einen Handwerksbetrieb übernehmen heißt normalerweise auch, bestehende Kontakte zu übernehmen, was die Zusammenarbeit mit anderen Firmen genauso betrifft wie die schon vorhandenen Kunden.
Du übernimmst Räume und Ausstattung. Mit der Übernahme eines Betriebs bekommst du nicht nur ein Team zur Seite gestellt, sondern besitzt auch die Räume und die Ausstattung, die Vorgänger/innen beim Verkauf hinterlassen. Neben Werkzeugen und Räumen können dazu auch Fahrzeuge gehören.
Du bekommst Wissen und Unterstützung. Es kommt natürlich darauf an, wie du dich menschlich verstehst: Läuft es gut, kannst du in der ersten Zeit eventuell auf die Erfahrung zählen, die Vorgänger/innen haben.
Voraussetzungen für die Übernahme eines Handwerksbetriebs
Für die erfolgreiche Übernahme eines Handwerksbetriebs brauchst du vor allem unternehmerisches Denken, fachliche Qualifikationen und ein gutes Gespür für betriebswirtschaftliche Zusammenhänge.
Je nach Gewerbe kann ein Meisterbrief oder ein ähnlicher Nachweis erforderlich sein. Bedenke auch, dass du als neue/r Inhaber/in Entscheidungen treffen, Veränderungen anstoßen und dich in ständig wandelnde Märkte einarbeiten musst.
Persönliche Voraussetzungen:
Führungskompetenz und Entscheidungsfreude
Eigeninitiative und Lernbereitschaft
Offenheit für technische und digitale Lösungen sowie organisatorische Neuerungen
Privater Rückhalt (Familie, Freundeskreis)
Fachliche Voraussetzungen:
Branchenkenntnisse und Meisterbrief (bei zulassungspflichtigen Handwerken)
Kaufmännisches Know-how (betriebswirtschaftliche und rechtliche Grundlagen)
Tipp: Eine Weiterbildung zum/zur Geprüften Betriebswirt/in im Handwerk kann dir helfen, die nötigen betriebswirtschaftlichen Fähigkeiten zu erwerben, bevor du einen Handwerksbetrieb übernimmst.
Wege zur Übernahme eines Handwerksbetriebs
Die Übernahme eines Handwerksbetriebs kann auf verschiedenen Wegen erfolgen:
Kauf: Du erwirbst den Betrieb gegen einen einmaligen Kaufpreis.
Rente oder Pacht: Der bisherige Inhaber erhält eine laufende Zahlung, während du Schritt für Schritt Verantwortung übernimmst.
Schenkung oder Erbe: Oft innerhalb der Familie eine Option, aber auch steuerlich und organisatorisch komplex.
Externe Übernahme durch Unternehmen: Ein anderer Betrieb oder ein/e Investor/in kauft den Handwerksbetrieb auf, um zu wachsen oder neue Märkte zu erschließen.
Für Verkäufer/innen gilt: Den Betrieb attraktiv halten und gegebenenfalls noch ausbilden, um die Altersstruktur des Teams zu senken. So steigen die Chancen, eine/n geeignete/n Nachfolger/in zu finden.
Risiken und Herausforderungen
Natürlich gibt es auch Herausforderungen, wenn du einen Handwerksbetrieb übernimmst:
Bestehende Strukturen anpassen: Alte Prozesse zu ändern, kann auf Widerstand stoßen.
Personalverantwortung: Du übernimmst Verträge, Löhne und ggf. schwierige Personalfragen.
Abhängigkeit von bisherigen Inhaber/innen: Kunden und Team sind oft stark an die frühere Führungsperson gewöhnt.
Kaufpreis und Finanzierung: Einen Handwerksbetrieb zu übernehmen ist meist teurer als eine Neugründung. Laut Studien können Kaufpreise beim Mehrfachen des Jahresumsatzes liegen.
Schritt für Schritt zur Übernahme eines Handwerksbetriebs
Ziele klären: Überlege, was du mit dem Betrieb erreichen willst. Willst du wachsen, neue Leistungen anbieten oder die bestehende Struktur beibehalten?
Markt analysieren: Prüfe die Nachfrage, den Wettbewerb und regionale Besonderheiten.
Finanzplanung erstellen: Ein solider Businessplan ist unerlässlich. Kalkuliere Kaufpreis, laufende Kosten und mögliche Kredite.
Betrieb prüfen: Lass dir Bilanzen, Verträge, Kundenlisten und Personaldaten zeigen. Zieh eine Steuerberatung und eine Anwaltskanzlei hinzu, um Risiken zu minimieren.
Vertrag abschließen: Achte auf klare Regelungen zu Kaufpreis, Inventar, Personal, Forderungen, Firmennamen und Übergabestichtag.
Handwerksbetrieb übernehmen und digitalisieren
Immer mehr Betriebe setzen auf Digitalisierung. Wenn du einen Handwerksbetrieb übernimmst, solltest du deshalb überlegen, wie du digitale Tools nutzen kannst, um die Arbeitsabläufe vor Ort zu verbessern.
Moderne Handwerkersoftware-Lösungen helfen bei der Einsatzplanung, der Dokumentation von Arbeitsabläufen und der Zeiterfassung. So kannst du die Effizienz steigern, Papierkram reduzieren und dich besser auf Kernaufgaben konzentrieren.
Fazit: Erfolgreich einen Handwerksbetrieb übernehmen
Einen Handwerksbetrieb zu übernehmen ist eine spannende Alternative zur Neugründung – mit eingespielten Prozessen, einem bestehenden Team und bewährten Abläufen. Gleichzeitig musst du bereit sein, Verantwortung zu übernehmen, Veränderungen anzustoßen und den Betrieb fit für die Zukunft zu machen. Wer Schritt für Schritt vorgeht, sorgfältig plant und sinnvolle Modernisierungen umsetzt, legt den Grundstein für einen erfolgreichen Neustart als Handwerksunternehmer/in.